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Fachartikel

Photovoltaik-Eigenverbrauchssysteme im Wohngebäudesektor: Der unterschätzte Markt

Die Potenziale von Photovoltaik-Systemen in Wohngebäuden werden häufig unterschätzt. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der HTW Berlin.

Autor_in
Quaschning, V.; Weniger, J.; Tjaden, T.
Medium
In: BWK Bd. 64 (2012) Nr. 7/8, S. 25-28

Viele Studien erwarten für die Photovoltaik künftig einen deutlich geringeren Zubau. Doch bereits heute können Haushalte auf dem eigenen Dach Solarstrom günstiger produzieren, als der Strombezug aus dem Netz kostet. Dadurch wird sich der Trend sehr schnell zu Eigenverbrauchssystemen mit Batterien oder thermischen Speichern entwickeln. Eine aktuelle Untersuchung der HTW Berlin zeigt, dass die Potenziale von Photovoltaik-Systemen in Kombination mit Batterie- und Wärmespeichern erheblich unterschätzt werden.

Ökonomisch sinnvoll: Erzeugten Solarstrom selbst verbrauchen

Während viele PV-Systeme in der Vergangenheit als rein netzgekoppelte Systeme unabhängig vom Verbrauch im Haushalt betrieben wurden, werden Eigenverbrauchssysteme künftig den Markt dominieren. Aus ökonomischen Gründen ist es inzwischen sinnvoll, einen möglichst großen Anteil des erzeugten Solarstroms zeitgleich selbst zu verbrauchen. Speicher werden dabei zunehmend an Bedeutung gewinnen. Um zu bestimmen, welcher Anteil des erzeugten Solarstroms zeitgleich zur Deckung des Strombedarfs beitragen kann, sind zeitlich hochaufgelöste Last- und PV-Erzeugungsprofile erforderlich.

Unterschätztes Potenzial

Viele aktuelle Studien, wie die des Sachverständigenrats für Umweltfragen SRU oder die Leitstudie im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt BMU, gehen davon aus, dass die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland bis zum Jahr 2050 deutlich unter 100 GW bleiben wird. Sie vergleichen dabei die Kosten der verschiedenen Energiesysteme aus Sicht eines Versorgers und vernachlässigen dabei vollständig, dass sich gerade durch Eigenverbrauchssysteme für die Stromkund:innen wirtschaftliche Potenziale ergeben, die erheblich über 100 GW liegen.

Strom- und Wärmebedarf zukünftig häufiger auf dem Hausdach produziert

Bereits heute bedeuten hohe Eigenverbrauchsanteile für die Anlagenbetreiber:innen Mehrerträge gegenüber eingespeisten Energiemengen, da die Strombezugskosten größer sind als die Einspeisevergütung. Folglich gibt es einen großen Markt für eigenverbrauchserhöhende Systeme und Anwendungen, der sich mit Batteriespeichern sowie thermischen Speichern bedienen lässt. Dies führt gleichzeitig zu einer höheren Unabhängigkeit künftiger Energiepreissteigerungen, da die PV-Anlage ein immer größeren Teil des Strom- und Wärmebedarfs direkt auf dem Hausdach produziert. Bereits die Potenziale für PV-Eigenverbrauchssysteme für Einfamilienhäuser übersteigen die unterstellte Gesamtinstallation der genannten Studien.

Weitere Potenziale für Mehrfamilienhäuser, Gewerbe- und Industriebetriebe

Zu den bereits sehr großen Potenzialen für Einfamilienhäuser kommen die Potenziale für Mehrfamilienhäuser sowie Gewerbe- und Industriebetriebe hinzu, die jeweils noch einmal in der gleichen Größenordnung liegen. Dadurch ist zu erwarten, dass die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland in bereits absehbarer Zeit eine Leistung von 200 GW erreichen kann und damit 20 % bis 30 % der Gesamtstromversorgung decken wird.

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