Qualitätsstandards
Vertrauenswürdige Solarstromrechner
Um das Vertrauen in die Ergebnisse von Solarstromrechnern zu verbessern, hat die HTW Berlin Qualitätsstandards für solche Online-Tools entwickelt.
- Weniger, J.; Zoll, M.
- Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, 04/2025
Im Vertrieb von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) und Batteriesystemen gewinnen Online-Tools zunehmend an Bedeutung. Sogenannte Solarstromrechner zeigen die Energie- und Kosteneinsparpotenziale von PV-Batteriesystemen für Einfamilienhaushalte auf. Unternehmen nutzen solche Online-Tools unter anderem zur Vorplanung, im Vertrieb und Marketing sowie zur Suchmaschinenoptimierung (SEO) ihrer Website. In den vergangenen Jahren hat der Anteil der Online-Tools, die fragwürdige Berechnungsergebnisse liefern, deutlich zugenommen. Die entwickelten Qualitätsstandards richten sich vorrangig an Unternehmen in der Solar- und Energiebranche, die Online-Tools auf ihrer Website anbieten oder diese entwickeln.
Ziel der Qualitätsstandards „vertrauenswürdige Solarstromrechner“
Das übergeordnete Ziel der Qualitätsstandards „vertrauenswürdige Solarstromrechner“ ist es, die Qualität der Solarstromrechner und das Vertrauen in deren Berechnungsergebnisse zu steigern. Darüber hinaus werden folgende Ziele verfolgt:
- Privatpersonen den Zugang zu mehr Online-Rechnern ermöglichen, die valide und nachvollziehbare Berechnungsergebnisse liefern.
- Die transparente Darstellung der Ergebnisse und Annahmen in den Online-Rechnern oder deren Dokumentation fördern.
- Das Verantwortungsbewusstsein bei den Entwickler:innen für realistische Berechnungsannahmen steigern.
Qualitätskriterien für Solarstromrechner
Bei der Entwicklung hochwertiger Solarstromrechner sollten folgende Punkte im Vordergrund stehen, die nachfolgend ausführlich erläutert werden:
- Belastbare Eingangsdaten
- Realistische Annahmen
- Plausible Ergebnisse

1) Belastbare Eingangsdaten
Die Berechnungsergebnisse eines Solarstromrechners sind nur so gut, wie die dem Rechner zugrunde liegenden Stromverbrauchs- und Solarerzeugungsprofile.
- Zur Abbildung des zeitlichen Verlaufs des Stromverbrauchs eines einzelnen Haushalts sollten keine sogenannten Standardlastprofile (SLP) verwendet werden, da zum Beispiel bei deren Verwendung der Nutzen von Stromspeichersystemen unterschätzt wird.
- Um kurzzeitige Verbrauchsspitzen und Schwankungen des Stromverbrauchs abzubilden, sind gemessene Lastprofile eines typischen Haushalts in möglichst hoher zeitlicher Auflösung erforderlich. Daher sollten im Viertelstundentakt – besser minütlich – aufgelöste Stromverbrauchsprofile verwendet werden.
- Sowohl für die Stromverbrauchs- als auch für die Solarerzeugungsprofile gilt: Anstelle von synthetisch generierten Werten sollten möglichst Messwerte genutzt werden.
2) Realistische Annahmen
Zu optimistische Berechnungsannahmen können zu unrealistischen Ergebnissen der Solarstromrechner führen. Die Nutzer:innen von Solarstromrechnern sollten daher einfach nachvollziehen können, welche Annahmen den Berechnungen zugrunde liegen.
- Die technischen Eingangsparameter, die einen großen Einfluss auf den berechneten Eigenverbrauchsanteil und Autarkiegrad haben, sollten transparent dokumentiert werden (z. B. nutzbare Speicherkapazität, Nennleistung der PV-Anlage).
- Die nutzbare Speicherkapazität des Batteriespeichers sinkt während des Betriebszeitraums. Dieser Aspekt sollte durch einen Alterungskorrekturfaktor berücksichtigt werden, wenn der Nutzen des Batteriespeichers während der gesamten Lebensdauer bewertet wird.
- Bei Solarstromrechnern, die auch ökonomische Bewertungsergebnisse bereitstellen, sollten die wichtigsten ökonomischen Berechnungsparameter aufgeführt werden (z. B. Einspeisevergütung, mittlerer Strompreis während der Nutzungsdauer).
- Die angenommene Strompreissteigerung pro Jahr hat einen großen Einfluss auf die mit einem PV-Batteriesystem erzielten Kosteneinsparungen. Es sollten daher keine sehr hohen Strompreissteigerungsraten von zum Beispiel 5 % pro Jahr angesetzt werden, da diese bereits nach 15 Jahren eine Verdopplung des Strompreises entsprechen würden.
- Die Berechnungsannahmen sollten möglichst anhand von Quellenangaben und Literaturverweisen dokumentiert werden.
3) Plausible Ergebnisse
Die Ergebnisse von Solarstromrechnern beeinflussen häufig Kaufentscheidungsprozesse von Privatpersonen, die sich für eine PV-Anlage und einen Batteriespeicher interessieren. Daher liegt es in der Verantwortung der Entwickler:innen, plausible Berechnungsergebnisse nach bestem Wissen und Gewissen bereitzustellen.
- Solarstromrechner sollten auf validierten Simulationsmodellen und Berechnungsansätzen, die dem Stand der Technik entsprechen, aufbauen.
- Die aufgeführten Bewertungsgrößen, wie der Autarkiegrad, der Eigenverbrauchsanteil und die Amortisationszeit, sollten entsprechend der gängigen Normen und Fachliteratur berechnet werden.
- Entwickler:innen von Solarstromrechnern sollten die Plausibilität der Berechnungsergebnisse durch den Vergleich mit anderen gängigen Online-Tools sowie wissenschaftlichen Ergebnissen prüfen und bewerten.
- Da die Betriebsergebnisse von PV-Batteriesystemen in der Praxis von vielen Faktoren beeinflusst werden, sollte darauf hingewiesen werden, dass die individuellen Ergebnisse von den Prognosewerten der Solarstromrechner abweichen können.