PV in den Berliner Bezirken
Dieser Beitrag befasst sich mit dem Solarpotenzial Berlins auf den Dachflächen der bestehenden Gebäude.
Hintergrund
Im Forschungsprojekt PV2City wurde unter anderem eine Studie zum Berliner Solarpotenzial erstellt. Auf die Veröffentlichung folgten positive Rückmeldung aus verschiedenen Berliner Bezirken. Gleichzeitig wurde mit dem Berliner Energiewendegesetz der Anspruch formuliert, ein Viertel des Berliner Strombedarfs durch Solarenergie zu decken. Hierfür sind Kenntnisse über das Solarpotenzial und die Handlungsmöglichkeiten notwendig. An dieser Stelle wollen wir unser Wissen zum Thema bereitstellen und zur Diskussion einladen.
Die Sammlung der Hemmnisse für den Solarausbau haben wir an anderer Stelle veröffentlicht. Ferner gibt es Beispiele guter Praxis für die bezirkliche Solarwende.
Das Berliner Solarpotenzial
Die Studie Das Berliner Solarpotenzial betrachtet den Berliner Gebäudebestand. Hierbei wurde zunächst die Eignung der einzelnen Dachflächen für Photovoltaik (PV) aus dem Berliner Solaratlas herausgearbeitet und nach der Nutzung der Gebäude differenziert, um die relevanten Akteurinnen und Akteure zu identifizieren.
Die Darstellung zeigt, dass die durchschnittliche Größe potenzieller PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden mit knapp 90 kW sehr hoch ist. Demnach können die öffentlichen Gebäude mit nur ca. 7300 PV-Anlagen (600 MW) fast so viel zum Potenzial beitragen, wie über 100 000 geeignete Ein- und Zweifamilienhäuser Berlins (800 MW). Öffentliche Gebäude sind hier diejenigen Gebäude, deren Nutzung den Bereichen Bildung, Forschung, Verwaltung, Kultur etc. zugeordnet werden. Über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse (Bund, Land Berlin, privat) enthielt der genutzte Datensatz keine Angaben.
Die wesentlichen Zielgruppen bleiben allerdings einerseits die Mehrfamilienhäuser, die aufgrund der hohen Anzahl im Gebäudebestand am stärksten zum Solarpotenzial beitragen. Andererseits stellen die oft sehr großflächigen Gewerbe-Immobilien mit deutlich weniger beteiligten Eigentümer_innen wesentliche Dachflächen bereit.
Die für die Studie genutzte Datengrundlage wurde in einem Tabellendokument aufbereitet. In diesem Szenariengenerator können für die einzelnen Gebäudetypen auch bezirksweise die Potenziale betrachtet werden.
Status quo in den Berliner Bezirken
Das Ziel von 25% Solarstromanteil für Berlin, das im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm formuliert ist, wird hier auf die Bezirke heruntergebrochen. Dargestellt sind die jeweiligen Stromverbräuche (orange), die sich daraus ableitende Zielmarke von 25% (gelb) sowie die bereits realisierten Solarerträge (grün). Die Daten stammen aus dem Jahr 2016 und können im Berliner Energieatlas für die Bezirke und auch für einzelne Postleitzahlen-Gebiete nachgeschlagen werden. Insgesamt ergibt sich für Berlin ein ernüchterndes Bild: Bei einem Stromverbrauch von 12 514 GWh wurden mit den ins Stromnetz eingespeisten 59 GWh gerade einmal 0,48% des Bedarfs gedeckt1.
Für die Messung der Zielerreichung lässt sich aus den Verbräuchen bzw. dem 25%-Ziel und einem durchschnittlichen PV-Ertrag von 850 kWh/kW die insgesamt notwendige installierte PV-Leistung ermitteln. Diese variiert je nach Bezirk zwischen 180 MW und 710 MW; im Durchschnitt sind es etwa 300 MW je Bezirk. Aus den Meldedaten der Bundesnetzagentur bzw. des Solaranlagenkatasters (im Berliner Energieatlas) kann die Verteilung des PV-Anlagenbestands in Berlin auf die Bezirke erfolgen. Im Jahr 2016 waren insgesamt 86 MW an PV-Leistung installiert, wobei über 3600 MW notwendig sind2.
Über das Verhältnis von notwendiger und bereits realisierter PV-Leistung kann das Maß der Zielerreichung bestimmt werden. Daraus leitet sich die Bestenliste ab. Marzahn-Hellersdorf erreicht mit nur 7% des notwendigen PV-Ausbaus bereits den ersten Platz unter den Berliner Bezirken. Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte bilden mit weniger als 1% des erforderlichen PV-Bestands die Schlusslichter des Vergleichs.
1 Es sei angemerkt, dass die hier angegebene ins Netz eingespeiste Strommenge geringer ist, als die insgesamt solar produzierte Strommenge: Der Eigenverbrauch im Gebäude wird hier nicht erfasst. Diese Differenz ist allerdings im Gesamtbild bisher unerheblich. Hinzu kommt, dass der Stromverbrauch in Berlin insgesamt nur etwa 20% des Energieverbrauchs ausmacht: Wärmeversorgung und Verkehr werden in der Studie nicht berücksichtigt.
2 In der Studie wird von einem höheren Stromverbrauch ausgegangen, weshalb dort das Ziel von 4 GW PV-Leistung ermittelt wird. Dies liegt an unterschiedlichen Datenquellen: In den statistischen Jahresberichten des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg wird der Verkehrssektor mit einbezogen, in den im Energieatlas verwendeten Daten von Stromnetz Berlin offenbar nicht.
Handlungsmöglichkeiten für einen verstärkten PV-Ausbau
Die Handlungsmöglichkeiten für eine Bezirksverwaltung, die den eigenen Ausbau der Solarenergie voranbringen möchte, sind vielfältig. Zunächst ergibt sich das Potenzial des eigenen Gebäudebestands. Schulen und Verwaltungsgebäude haben zum Beispiel oft ein sehr großes Potenzial, aufgrund der großen Dachflächen. Hinzu kommt, dass durch den eigenen Energieverbrauch im Gebäude die Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage steigt.
Nutzung eigener Dachflächen
Für die Nutzung der Dachfläche bietet sich zum Beispiel das Pachtmodell an. Hierbei übernimmt ein Dienstleistungsunternehmen wesentliche Aufgaben wie die Errichtung und Finanzierung der PV-Anlage. Der Solarstrom wird direkt im Gebäude verbraucht und senkt damit die anfallenden Kosten für den Bezug von Strom aus dem Netz. Diese Einsparung ist dabei größer als die jährlich anfallende Pacht für die PV-Anlage.
Gestaltungsspielräume in der Bebauungsplanung
Die Bezirke können über die Gestaltungskompetenz der Bebauungspläne Einfluss auf die Nutzung von solarer Strahlungsenergie zu nehmen. Hierzu wurde im Jahr 2011 eigens der § 9 Abs. 1 23 b des Baugesetzbuches überarbeitet. Ein von der HTW Berlin beauftragtes Rechtsgutachten zur Anwendung dieser Regelung in Bebauungsplänen gibt konkrete Formulierungshilfen (Abschnitt D).
Weitere Anwendungsmöglichkeiten des Baugesetzbuches, insbesondere der §§ 11 und 12 BauGB, finden sich zum Beispiel im Wegweiser zur ökologischen Bauleitplanung des BUND. Hierzu wurde auch eine Informationsseite erstellt: BUND Wiki Planung verstehen.
Motivation von Privatpersonen und Gewerbe
Neben den oben genannten Möglichkeiten der bezirklichen Dachflächen und der Festschreibungen in Bebauungsplänen benötigt es auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gewerbebetriebe. Hierzu können Informationsveranstaltungen und direkte Ansprache beitragen. Das Solarzentrum Berlin der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) kann hierbei behilflich sein.
Für Privatpersonen haben wir die 5 Schritte zur PV-Anlage kurz zusammengefasst. Ebenso haben wir eine Studie zur wirtschaftlichen Auslegung von PV-Anlagen veröffentlicht.