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Masterarbeit

Räumliche und zeitliche Analyse der Solarstromversorgung Berlins

Diese Arbeit analysiert räumlich und zeitlich aufgelöst den Stromverbrauch Berlins und stellt diesen der potenziellen Erzeugung von Solarstrom gegenüber.

Autor_in
Siegel, B.
Medium
Masterarbeit, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, 05/2016

In dieser Arbeit wurden folgende Aspekte zusammengeführt:

  • Räumliche Verteilung der potenziellen Erzeugungsanlagen
  • Zeitliche Auflösung in Viertelstunden-Schritten für die Erzeugung
  • Räumliche Verteilung des jährlichen Verbrauchs von Berlin
  • Zeitliche Auflösung des Verbrauchs in Viertelstunden-Schritten

Vorgehensweise

Unterschiedliche Datenquellen wurden aufgearbeitet und in einer gemeinsamen Datenbank zusammengeführt. Die verwendeten Algorithmen der Simulationsrechnung nahmen eine Unterteilung des Energiebedarfs der Stadt in ca. 25 000 (Häuser-)Blocks und 35 040 Zeitschritte (Viertelstunden-Werte eines Jahres) vor. Gleichzeitig wurden die Dachflächenpotenziale für PV-Anlagen dieser Blocks aggregiert und Erzeugungsprofile aus Einstrahlungszeitreihen berechnet.

Die Simulationsrechnung bestimmte für jeden Block die Profile für Verbrauch, Erzeugung und den daraus resultierenden Direktverbrauch. Für den Fall, dass die Erzeugung höher ist als der Verbrauch ergibt sich ein (lokaler) Stromüberschuss. Dieser wurde in Form des Eigenverbrauchsanteils zunächst auf Blockebene bestimmt. In einem weiteren Schritt wurden die Profile aller Blocks eines Planungsraums summiert und der Eigenverbrauchsanteil dieses Planungsraums berechnet. Daraus lässt sich eine Aussage darüber treffen, inwieweit die umliegenden Blocks zur Verminderung von Überschüssen beitragen können bzw. inwieweit die Überschüsse zur Deckung des Stromverbrauchs dieser Blocks verwendet werden können. Diese Berechnungen wurden auch auf höheren organisatorischen Ebenen durchgeführt.

Ergebnisse der Untersuchung

Bei der Betrachtung der zwölf Berliner Bezirke sind wiederkehrende Muster aufgefallen. Diese begründen sich in der Siedlungsstruktur der jeweiligen lebensweltlich orientierten Räume. Deshalb wurde anschließend eine bezirksübergreifende Untersuchung anhand der baulichen Nutzung aller Berliner Blocks unternommen. Die Wohnblocks, die einen großen Teil dieser Blocks ausmachen, wurden anschließend entsprechend der Stadtstrukturtypen unterteilt, um die in den Bezirken beobachteten Muster herauszustellen.

Insgesamt lässt sich für Berlin festhalten, dass – selbst bei der vollständigen Ausnutzung der vielen einzelnen Dachflächen der Stadt – insgesamt weniger als ein Viertel des Energiebedarfs durch Solarstrom gedeckt werden kann. Dieses Potenzial auszunutzen, bleibt die Herausforderung für die Versorgung der Stadt mit erneuerbaren Energien.

Verbesserung der Simulation

Die für die Simulation getroffenen Annahmen können in künftigen Simulationen verändert werden. Zunächst bleibt festzuhalten, dass sich sämtliche PV-Potenziale aus dem Solaratlas abgeleitet haben. Eine kritische Würdigung von den darin getroffenen Rahmenbedingungen erscheint sinnvoll. So wurde zum Beispiel die Mindestflächengröße für PV-Anlagen auf 15 m2 bei Schrägdächern festgelegt. Dennoch gibt es sicherlich viele Anwendungsfälle, wo auch auf kleineren Flächen sinnvoll Solarenergie erzeugt und genutzt werden kann. Anwendungen wie Eigenversorgung in Kleingärten oder solar betriebene Straßenlaternen sind also vom Solaratlas nicht vorgesehen.

Ein anderer Punkt zur Verbesserung der Simulation liegt in der Verteilung der Lastprofile. Einerseits können hier durch eine Verknüpfung der Informationen aus den vielen Datenbanken der SenStadtUm genauere lokale Verbrauchsprofile für die Haushalte erstellt werden. Neben Daten zur Anzahl der Personen pro Haushalt könnten auch Aspekte wie Alters- oder Sozialstruktur aufgenommen werden. Auf jeden Fall erscheint es sinnvoll, die Stadtstrukturtypen mit einzubeziehen: Der Verbrauch von 100 Personen in Einfamilienhäusern unterscheidet sich von demjenigen, den 100 Personen in Wohnhochhäusern haben.

Andererseits ergaben die Lastprofile der Gewerbeflächen tagsüber oft geringe Verbräuche. Hier gilt es, konkrete Profile zu ermitteln, um die Verwendung von skalierten Standardlastprofilen zu validieren.

Des Weiteren ergaben sich besonders nachts große Differenzen zwischen dem durch Standardlastprofile prognostizierten Verbrauch und den Messwerten. Bei der Umverteilung dieser Restlast ergaben sich zum Teil hohe nächtliche Verbrauchsspitzen, die nicht dem normalen Verbrauchsprofil entsprechen.

Ein anderer Aspekt sind die durch das System der lebensweltlich orientierten Räume (LOR) vorgegebenen Räume. Für die Untersuchung von Verbrauchscharakteristika sind die 447 Planungsräume zu unterschiedlich zusammengesetzt. Untersuchungen anhand der baulichen Nutzung scheinen zielführender. Ferner sind die Grenzen für Analysen der Verteilung von Stromüberschüssen nicht angebracht. Im Extremfall liegen zwei Blocks räumlich direkt nebeneinander, sind aber anhand der politischen Aufteilung der Stadt in Bezirke unterschiedlichen Regionen zugewiesen. Würde einer dieser Blocks einen Stromüberschuss produzieren, während der andere einen Bedarf hat, liefert die Bezirksgrenze eine fiktive Schranke zum Ausgleich des Energiebedarfs. Physikalisch jedoch verhält sich der elektrische Strom weder politisch noch entsprechend den Sozialstatistiken, sondern fließt entlang der technischen Netzinfrastruktur. Diese gilt es, in präziseren Simulationen zu berücksichtigen. hier sollten zumindest umfangreiche Annahmen diesbezüglich getroffen werden.

Letztlich bleibt diese Simulation eine Berechnung, die von einem fiktiven Ausbau der Photovoltaikleistung ausgehen. In der Realität stehen viele Aspekte – wie die Wirtschaftlichkeit von Batteriespeichern für Einfamilienhäuser, die komplizierte rechtliche Lage bei Eigenverbrauch im Bereich von Mietshäusern oder die erforderten kurzen finanziellen Amortisationszeiten bei Gewerbebetrieben – einem vollständigen Erreichen der Potenziale im Wege.

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