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Fachartikel

Macht die Dächer voll

Um das Solarpotenzial auf Wohngebäuden in Berlin zu nutzen, sind öffentliche Kampagnen und neue Vertriebskonzepte notwendig.

Autor_in
Bergner, J.; Siegel, B.; Quaschning, V.
Medium
In: Stadt und Werk, 05-06/2018

Mehr als 50 % der Menschen leben in Städten. Diese verbrauchen somit dort auch die meiste Energie und erzeugen 70 % der CO2-Emissionen. Vielen Städte formulieren daher ehrgeizige Ziele der Klimaneutralität und untermauern diese mit entsprechenden Maßnahmen. Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) definiert für die Bundeshauptstadt Maßnahmen in folgenden Bereichen, um bis zum Jahr 2050 die Klimaneutralität zu erreichen:

  • Mobilität
  • Wirtschaft
  • Wohnen
  • Konsum
  • Energie

Unter anderem beinhaltet dies den Masterplan Solarcity, der vorsieht, möglichst schnell ein Viertel der Berliner Stromversorgung durch Sonnenenergie zu decken. Das entspricht 3 TWh Solarenergie. Hergeleitet wird diese Zielsetzung aus der Machbarkeitsstudie Klimaneutrales Berlin 2050 aus dem Jahr 2014. Die Studie schlüsselt auf, welcher Solarausbau notwendig ist, um das Ziel einer klimaneutralen Stadt zu erreichen. Grundlage dessen ist der so genannte Solaratlas für die Bestimmung der solaren Dachflächenpotenziale. Die Studie betrachtet dabei nicht, welche strukturellen Voraussetzungen in Berlin vorliegen, sondern: Wie werden die Gebäude genutzt? Und welche Eigentümerstrukturen muss Berlin ansprechen, um das Ziel der größtmöglichen Solarstromversorgung zu erreichen?

Aktives Marketing

Wie sich an der Zusammensetzung der Flächenstruktur zeigt, sind große solare Potenziale auf den Wohngebäuden zu finden. Darüber hinaus kommt dem Flachdach in der Großstadt eine besondere Bedeutung zu. Um eine Vielzahl der Dächer einer solaren Nutzung zuzuführen, ist es wichtig, günstige und leichte Lösungen in Bezug auf die Dachstatik zu finden. Die Kombination von östlich und westlich flach aufgeständerten Photovoltaikanlagen erlaubt eine hohe Ausnutzung der Flachdächer und ist aus Gründen der geringen Windlasten zu bevorzugen. Auf aufgeständerte Südanlagen sollen die Nutzer:innen zugunsten des höheren Gesamtertrags und der sinkenden spezifischen Kosten bei flacher Belegung gänzlich verzichten. Es fällt auf, dass mit zunehmender städtischer Flächenverfügbarkeit auch die Anlagengröße abnimmt. Eine Fokussierung auf größere Anlagen mit einer überschaubaren Anzahl an Ansprechpartnern reicht daher nicht aus, um langfristig das gesamte Solarpotenzial auszuschöpfen. Hierzu muss die Solarenergie auch den kleinteiligen Massenmarkt der Wohngebäude erschließen.

Guter Vertrieb

Für den begünstigten solaren Direktverbrauch müssen die Anlagenbetreiber:innen den Stromverbraucher:innen entsprechen. Fast alle der rund 174 000 Ein- und Zweifamilienhäuser kommen in Berlin hierfür infrage. Das entspricht einer potenziellen Leistung von etwa 700 MW und damit knapp dem Zehnfachen der bereits in Berlin installierten Photovoltaikleistung. Durch den solaren Direktverbrauch kann die Wirtschaft dieses Potenzial bereits erschließen. Eine öffentliche Kampagne zu Klimaschutz und individueller Teilhabe, die Solarenergie als Teil der Lösung präsentiert, kann bei der Aktivierung dieser Flächen helfen und ist im BEK angelegt.

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