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Bachelorarbeit

Möglichkeiten für PV-Anlagen auf Denkmalen in Berlin

In dieser Bachelorarbeit wurden Möglichkeiten und Grenzen für die Genehmigungsfähigkeit von Photovoltaikanlagen auf Denkmalen in Berlin untersucht.

Autor_in
Ewald, F.
Medium
Bachelorarbeit, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, 09/2019

Beispielsammlung von PV-Anlagen auf Denkmalen

In der einführenden Literaturrecherche und der Auswertung von Stellungnahmen der Denkmalbehörden aus dem Land Berlin hatte sich bereits angedeutet, dass dieses Unterfangen kompliziert werden würde, weil die ausschlaggebenden Merkmale für Denkmalschutz von städtebaulichen Gründen bis hin zum kulturellen Wert eines Gebäudes reichen und dadurch derartig vielseitig sind, dass man es immer mit Einzelfallgenehmigungen zu tun hat. Demnach gibt es keine eindeutigen Kriterien oder ein daraus resultierendes Gleichbehandlungsgebot, auf welches man sich stützen könnte.

Im weiteren Verlauf wurde mit der Erstellung einer Beispielsammlung von bereits realisierten Photovoltaik-Anlagen auf Denkmalen eine Veranschaulichung der Problemlage in technischer wie auch formaler Hinsicht unternommen. Aus dieser Sammlung wurden Kriterien und Unterschiede der Genehmigungspraxis abgeleitet. In der Sammlung finden sich auch zwei Fälle, in denen es zur Ablehnung beziehungsweise Restriktionen während des Prozesses kam. Anhand dieser wurden, neben den Möglichkeiten, auch Beispiele für Grenzen der Realisierbarkeit aufgezeigt.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf PV-Lösungen, die wegen ihrer Erscheinung und Bauart im Zusammenspiel mit der Dacheindeckung des Denkmals unauffälliger sind und daher als „denkmalgerechte PV“ bezeichnet wurden. Eine Auswahl davon wurde in einer Umfrage bei den Unteren Denkmalschutzbehörden auf die Akzeptanz des Erscheinungsbildes hin geprüft. Weil wirtschaftliche Zahlen zu diesen PV-Sonderlösungen nicht in der Literatur zu finden waren, wurden die Kosten der angebotenen Lösungen mit einem Mehrfamilienhaus als Vergleichsgebäude ermittelt. Es wurden reale Angebote eingeholt und einer umfassenden Wirtschaftlichkeitsberechnung unterzogen. Die Akzeptanz für formal an die Substanz angepasste Solarlösungen ist vorhanden, die Sonderlösungen verursachen jedoch durchweg Mehrkosten gegenüber einer Standardanlage. Hier stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit dieser Lösungen und nach der Verantwortlichkeit eventueller Fördermöglichkeiten bzw. Kostenübernahmen.

Im letzten Teil dieser Arbeit wurde ein Kluster der Denkmale mit räumlichem Solarpotenzial erstellt und Einzelpotenziale umfassend ausgegeben. Das Ergebnis ist als Annäherung an aus denkmalpflegerischer Sicht geeignete und ungeeignete Denkmaldachflächen zu verstehen. Da der Grundsatz des Einzelfallentscheids besteht, wird auf eine eindeutige Bezifferung des verbleibenden PVD-Potenzials verzichtet. Für die Priorisierung von Zielklassen, dessen weiterführende Untersuchung sich sehr lohnen würde, ließe sich beispielsweise das Aufwand-Nutzen-Verhältnis aus Potenzial und Anzahl der enthaltenen Denkmal berechnen.

PV auf Denkmalen aus der Nische holen

Photovoltaik ist ein Nischenthema für den Denkmalschutz und umgekehrt. Die Zahl der Genehmigungsanträge wird nicht statistisch erhoben. Nach mündlichen Aussagen einiger Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger liegt sie bei 0 bis 2 Stück pro Jahr und Bezirk. Innerhalb von 25 Jahren wurde im Bezirk Spandau 7 von 10 Anträgen genehmigt. Seit 1995 wurden pro Jahr in ganz Berlin durchschnittlich rund 9 PV-Anlagen auf Denkmalen gebaut. Weil die Zahl der Anträge so gering ist, haben noch nicht alle Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger einen PV-Antrag bearbeitet und neue Angestellte wissen teilweise wenig oder nichts von früheren Genehmigungen.

Erschwerend kommt hinzu, was in Gesprächen mit den Denkmalbehörden des Öfteren beteuert wurde, dass zu wenig Personal zur Verfügung steht und das bestehende Personal überarbeitet ist. Auf Anfragen zur Akteneinsicht wiederholte sich diese sinngemäße Absage:

“Leider sind wir nicht in der Lage, derartige Service-Leistungen durchzuführen.“

Weil die Einzelfallbeurteilung ausschließlich auf der Ebene der Unteren Denkmalschutzbehörde stattfindet und diese nicht weisungsgebunden ist, haben sie eine große Einflussnahme. Grundlegende Informationen werden in Form von Rundschreiben von den Abteilungen des Landesdenkmalamtes, insbesondere der Bauabteilung und des Justiziariats, flächendeckend bereitgestellt.

Neben der Bedeutung des Denkmals, insbesondere des Daches und der Dachlandschaft bestehen, trotz unterschiedlicher Auslegungen, Kriterien mit hohem Konsens. Johann Gerdenitsch fasst diese wie folgt zusammen.

„ [..] Bewertung von Einzelfällen nach den denkmalpflegerischen Vorgaben: Anbringung der Module auf vom öffentlichen Raum nicht einsehbaren Dächern, an untergeordneten Nebengebäuden, nach gestalterischen Vorgaben betreffend die städtebauliche Situierung, Gebäude- und Dachformen sowie die Integration von Photovoltaik-Anlagen in die Bauplanung bei Neubauten im Ensemble.“

Die detaillierten Ergebnisse aus der Beispielsammlung dazu sind in Kapitel 5.3 aufgeführt.

In der Genehmigungspraxis reduziert sich der Kriterienkatalog allerdings auf die Sichtbarkeit aus dem öffentlichen Raum. Erst wenn die Sichtbarkeit einer Photovoltaikanlage im öffentlichen Raum mindestens stark eingeschränkt ist, wird der weitere Abwägungsprozess in der Regel überhaupt erst eingeleitet. Komplizierend wirkt es, dass der öffentliche Raum verschiedenartig Auslegung findet (Straße, Hochbahn, Nachbargebäude, Drohnenflug etc.). Besonders die Auslegung der Einsehbarkeit durch Zuhilfenahme von fliegenden Drohnen ist fragwürdig. Zu dem Begriff klärt Stephan Reiß-Schmidt wie folgt auf:

„Mit dem zusammenfassenden Begriff des “öffentlichen Raumes” beschreiben wir eine sehr differenzierte Vielfalt räumlicher Gegebenheiten und Qualitäten, die eines gemeinsam haben: ihre jederzeitige uneingeschränkte Zugänglichkeit für alle Bewohner und Besucher der Stadt und das Recht, sie im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des “Gemeingebrauchs” ohne Eintrittspreis oder Nutzungsentgelt zu benutzen.“

Nicht einsehbare Flachdächer werden tendenziell genehmigt, Schrägdächer in Richtung Straße mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Würde man die Potenzialauswertung auf das Flachdach reduzieren, so bestünde auf Berliner Denkmalen ein Solarpotenzial von rund 485 MW. Unter der Annahme, dass die Schrägdachflächen zu gleichen Teilen mit grauen und roten Solarziegeln belegt werden, entstünde zusätzlich ein Potenzial von rund 290 MW. Eine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit von zum Hof gerichteten Dächern wie in der Solar- und Denkmalstadt Fürth könnte ergänzt werden.

Dass die gestalterischen Ansätze unterschiedlichen Anklang finden, zeigte die Umfrage zu denkmalgerechten PV-Lösungen. Je nach Zuständigkeit bei der Denkmalschutzbehörde bestehen bei den Abwägungen im Genehmigungsprozess teilweise starke Unterschiede. Das Meinungsspektrum reicht von einem grundsätzlichen Ausschluss bis zur Erwägung von neuen Ansätzen wie der fassadenintegrierten Photovoltaik für Objekte der Bauhaus Architektur.

Wie pfleglich und verständnisvoll die Hauseigner*innen mit dem Denkmal umgehen und wie sich der Kontakt zu den DenkmalpflegerInnen gestaltet, sind softe aber durchaus relevante Kriterien Genehmigungsprozess. Eine übersteigerte Erwartungshaltung zur Genehmigung und zu eventuellen steuerlichen Vergünstigungen oder eine harsche Herangehensweise bei der Eröffnung des Antrages wirken sich negativ auf die Bewilligungsbereitschaft aus. Wird die Meinung der Denkmalpfleger*innen wertgeschätzt, ein Kontakt in einem frühen Stadium der Planung hergestellt und Kompromissbereitschaft mitgebracht, ist es wahrscheinlicher, dass sich eine Solarlösung findet.

Komplexität im Dialog auflösen

Die Reduktion der CO2 -Emissionen im Gebäude- und Energiesektor ist ein definiertes Ziel der Stadtverwaltung. Vor diesem Hintergrund werden integrierte Planungsansätze gebraucht, welche stadt- und energieplanerische Aspekte ebenso diskutieren wie die Besonderheiten des Denkmalschutzes.

„Ein Beispiel hierfür – das durchaus Schule machen könnte – bietet die Stadt Venedig, unter Federführung des Umweltdezernenten in einem anderthalb Jahre dauernden Planungsprozess mit dem Sädtebaureferat und der Denkmalschutzbehörde ein solarer Stadtplan für die Lagunenstadt erarbeitet und vom Stadtrat beschlossen wurde.“

[Venedig Solar, in Photon – Das Solarstrom Magazin 6/2009]

Die fachliche Beratung zu denkmalschonender Integration von Solaranlagen ist phasenweise mangelhaft. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass lange keine Lösung für den Denkmaleigentümer des Gehöfts in Alt-Buckow gefunden wurde. Drei Anträge und mehr als zwei Jahre dauerte die Realisierung dieser angeführten PV-Anlage. Die langwierig Bearbeitung wäre vermeidbar gewesen, wenn zum Beispiel externe Energieberater den Behörden zur Seite stehen würden, welche das Aufgabenfeld „Solarlösungen für Denkmale“ übernehmen. Leider sind diese rar und werden nicht gesondert subventioniert.

Durchdachte Planungsansätze bräuchte man auch, wenn sich Denkmalpflege und Stadtverwaltung darüber einigen, den Weg „Solarziegel für Denkmale“ einzuschlagen. Dabei wären einige Fragen zu klären:

  • Wie erhöht man die Verfügbarkeit von Material und sachkundigen Installationsbetrieben?
  • Welche zumutbaren Mehrkosten kann eine Denkmaleigentümer*in tragen?
  • Welche Kosten für die Sonderlösung sollten davon zu welchem Grad und von wem übernommen werden?

Das Landesdenkmalamt hat Erfahrung bei der Mittelvergabe und könnte das Wissen über das „die Zumutbarkeit einer Auflage / Sanierungsmaßnahme“ beisteuern.

Zunächst sollten grundlegende Aspekte diskutiert werden. Selten werden die Positionen „Denkmalschutz“ und „Klimaschutz“ ausreichend verstanden und ernst genommen. Das liegt an der Komplexität des Handlungsfeldes Denkmalschutz, aber auch an Zweifeln über die Priorisierung bei den Maßnahmen für einen sinnvollen Umwelt- und Klimaschutz (z. B. Freifläche vs. Dach). Würde man dieses Spannungsfeld und dessen Zukunftspotential intensiver diskutieren, so könnte man eventuell zu einer Dynamik gelangen, die sich produktiv entwickeln würde.

Im Rahmen der Analyse von Einzelfällen wurden Anhaltspunkte aufgezeigt, die darlegen, welche Kriterien in der Vergangenheit berücksichtigt wurden, als der Klimaschutz und die Solarenergie nicht so präsent waren wie aktuell. Es ist in diesem Sinne durchaus positiv zu vermerken, dass die Denkmalfachbehörde, die Denkmalschutzbehörden, die Senatsverwaltung für Kultur und Europa und die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zu Gesprächen bereit sind und diese führen. Es bleibt jedoch zu wünschen übrig, dass daraus ein konstruktiver Dialog wird. Im Eckpunktepapier zum Masterplan Solarcity wurden denkmalgeschützte Gebäude vom Solarpotenzial ausgenommen. Zu unrecht, denn die Denkmalbehörden sind grundsätzlich auch Genehmigungsbehörden und dem Erhalt von Kulturgütern mit ökologischem und nachhaltigem Handeln verschrieben. Auf die Anforderungen des Denkmalschutzes sollte gegebenenfalls auch durch wirtschaftlich Kompromisse für technische Sonderlösungen ebenso eingegangen werden. Es wäre wünschenswert, wenn das Landesdenkmalamt in einem nächsten Informationspapier zu Solaranlagen konkretere Möglichkeiten anbieten würde. Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit können dafür sowohl in technischer wie auch formaler Hinsicht als Basis und für weiterführende Diskussionen dienen.

Weitere Veröffentlichungen